BUCHCOVERREZENSION
Tutii EiskalteHoelle

SORAYA LANE –

Die verlorene Tochter

Wie so oft schon angeregt, sollte man vielleicht das Nachwort zuerst lesen. Soraya Lane schildert die Umstände in ihrem Heimatland Neuseeland zur Zeit der Corona-Lockdowns schon 2020, wo ihr alle Hände gebunden waren und sie nur daheim sich mit ihrer Familie und ihren Gedanken beschäftigen konnte. Und hier kam sie auf die Idee, den Menschen zu zeigen, wie es sein kann, wenn man keine selbst ernannten Usurpatoren, denen es an jeder Eigenschaft zu Empathie mangelt, im Nacken hat, sondern öffnet Grenzen im Kopf. Reisen, an andere Orte, dort mit Menschen sprechen, leben, lachen, einfach sich wieder dem Menschsein hingeben, ohne sinnlose Beschränkungen. Daraus entwickelte sich eine Serie von Büchern über das pure Leben, wie es durchaus denkbar ist, wenn man sich nicht von irgendwelchen Vollpfosten ohne irgendwelche Kompetenzen einschränken lässt. Also lassen wir diese jetzt hinter uns und gehen auf die Reise um die halbe Welt. Soraya Lane streift zwei Zeitlinien. Einmal vor, während und kurz nach dem II. Weltkrieg im Norden Italiens und die Zeitachse von Lily, die als Protagonistin der Schriftstellerin in Erscheinung tritt. Ihre Liebe gilt dem Wein. Jetzt keine Vorurteile bitte, Lily ist Kellermeisterin. Ihre Aufgabe ist es die Trauben beim Wachsen zu beobachten, den richtigen Zeitpunkt zur Lese zu bestimmen und danach die Verarbeitung, Gärung und Lagerung zu gewährleisten, damit aus dem leckeren Obst ein edles Getränk wird, das man sich dann gerne auch mal zu Gemüte führen möchte. Bevor das in dieser Saison passiert, wo unsere Weinmacherin gerne in Italien arbeiten wollte, muss Lily noch mal nach London, wo sie ein kleines Päckchen erhält, das den Namen ihrer Großmutter trägt. Was Fragen aufwirft. Eins kann man gleich festmachen, die Szene der Übergabe des Erbes in der Londoner Anwaltskanzlei wird zum Dreh- und Angelpunkt für die gesamte Buchreihe, die als Ausgangspunkt ein ehemaliges Frauenhaus in der britischen Hauptstadt hat, wo sich Hope der Frauen angenommen hatte, die in Schwierigkeiten, den damaligen Umständen geschuldet, geraten waren. In „Hope´s House“ wurde ein Weg gesucht, der für alle Beteiligten irgendwie annehmbar sein könnte, sowohl für die jungen Mütter, als auch deren Kinder, die hier das Licht der Welt erblickten. Die Geschichten, die Soraya Lane dabei entwickelt, könnten so auch sich abgespielt haben, wobei Frau Schriftstellerin immer einen humanistischen Blickwinkel hat. In der Schachtel von Liliy´s Grandma verbirgt sich ein Rezept für eine Leckerei und ein Stück von einem Plakat des Mailänder Opernhauses „Scala“ aus dem Jahre 1946. Da trifft es sich doch gut, das sie jetzt in Italien arbeiten möchte, sozusagen genau vor Ort, wo man mit Nachforschungen beginnen sollte, wenn man Licht in seine Vergangenheit bringen möchte. Musiktipp, AD INFINITUM und deren Frontfrau Melissa Bonny, mit ihrer kraftvollen Stimme mit Ja zum Leben. Soraya Lane singt zwar nicht, schreibt aber genauso beeindruckend lebensbejahend und so können sich geneigte Leser vor den Seiten verneigen und sich mit den Figuren in die Szenarien eintauchen lassen, die das Leben selbst geschrieben zu haben scheint.
(Knaur)

ISBN 978-3-426-53023-8 393 Seiten (+ Anhang) 12,99€ (D) 13,40€ (A)