BUCHCOVERREZENSION
Tutii EiskalteHoelle

JOHN CARREYROU –

Bad Blood

Manchmal gibt es sie ja doch noch, engagierte Journalisten, die ihre Nase hinter manche verschlossene Tür stecken wollen. Vor Kurzem kursierten Schlagzeilen durch die Presse, das Elizabeth Holmes jetzt rechtskräftig verurteilt wurde, also ein Jahr später, nachdem sie, nach ihrer ersten Verurteilung zu elf Jahren Haft, in Berufung gegangen ist und als John Carreyrou dieses Buch der Öffentlichkeit vorlegte, in dem er einen der größten Betrugsfälle im medizintechnischen Bereich aufdeckt. Liest sich genauso spannend, wie ein Wirtschaftskrimi, um nicht zu sagen, es ist ja auch einer. John Carreyrou hat das, sozusagen aus der ersten Reihe, mitverfolgt. Die Folgen für ihn waren richtig böse, aber er hat sich nicht einschüchtern lassen, nun ja, er hatte einen guten Hintergrund und eine gute Basis, hier etwas auf die Beine zu stellen und das auch noch veröffentlichen zu können, wobei der „The New York Times“ eine beachtliche Rolle zukommt. Trotz aller Anfeindungen haben die Zeitung und der Journalist immer den Riecher am Geschehen gehabt und nicht aufgegeben, bis der ganze Betrug aus den trockenen Tüchern gefallen war, wo man ihn schon eintüten wollte. John Carreyrou präsentiert die ganze Geschichte. Elizabeth Holmes galt als ein Wunderkind, ähnlich Apple-Gründer Steve Jobs. Ihr Start-Up „Theranos“ gründete sie im zarten Alter von neunzehn Jahren, vermutlich noch mit hochfliegenden Träumen und Plänen, die Menschheit mit dem perfekten Vereinfachen der Blutabnahme und dem, daraus zu resultierendem Erstellen von Blutbildern zu beglücken, was solchen Patienten entgegen kommt, die Angst vor Kanülen haben. Pech für kleine Träumer, die noch an das Gute glauben, ist die Tatsache, das es immer wieder Leute gibt, die aus allem ein Geschäft machen wollen und alle Lesezeichen der Geschichte und Menschenwürden in den Gully werfen werden, wenn sich Ertragsmöglichkeiten ergeben, jenseits des Vorstellungsvermögens normal arbeitender Menschen. Das Erbe von bahnbrechenden Vorreitern in der Humanmedizin, die zum Wohle der Gesundheit gewirkt hatten, wird ignoriert. Es zählt nur noch Geld. Das eigentliche Ziel vereinsamt irgendwo in der Pampa, weil es unwichtig geworden ist, zumindest aus der Sicht einiger, die den Hals nicht voll genug bekommen. So auch Elizabeth Holmes, die zwar, vielleicht, mit hehren Vorstellungen angetreten ist, sich aber korrumpieren lies. Und aufgeflogen ist. Das es so lange gedauert hat, bis jemand mal den Teppich an gelüftet hat, ist den Umständen geschuldet, wer bei „Theranos“ so alles investiert hatte, und diese Liste ist nicht nur sehr lang, sondern auch essentiell prominent. Da hatten sämtliche Anzeichen für Betrug ganz schlechte Karten Gehör zu finden. Mitarbeiter, die hier Ungereimtheiten zur Sprache bringen wollten, wurden geschasst, zum Schweigen gebracht, oder sonst wie aus dem Verkehr gezogen. John Carreyrou hatte Gelegenheiten, mit manchen zu sprechen, manche mit Klarnamen, andere wollten anonym bleiben, verständlich bei den Vergeltungsmaßnahmen, die als Damoklesschwert über den Aussagewilligen hingen. Und dabei wollte man doch nur das Prozedere des Blut abnehmen, zwecks Erstellen eines Blutbildes, vereinfachen, revolutionieren. Was Geldgier so alles machen kann. Aus der ersten weiblichen Self-made-Milliardärin der Welt ist nun eine Knast-Insassin geworden.
(Penguin - Spiegel Buchverlag)

Mehr Betrug? Fragt doch mal den Bundeskanzler nach Cum-Ex. Oder seinen Bruder nach dem Krankenhaus-Entlastungsgesetz. Oder...

JÖRN LEOGRANDE – Bad Company – Archiv Sept. 2021

ISBN 978-3-328 –10590 – 9 393 Seiten 15,00 € (D) 15,50 € (A)