BUCHCOVERREZENSION
Lorne.Mac.p DiePrankenDesLoewen

MAC P. LORNE –

Die Pranken des Löwen

Robin Hood. Der Name sollte bekannt sein. Ob er wirklich gelebt hat oder eine Sage ist, entstanden aus den Hoffnungen der benachteiligten Menschen, die, in der damaligen Zeit, sich der Gewalt und Willkür der Herrschenden ausgeliefert sahen und Mut zu neuem Leben tanken wollten, darüber streiten sich heute noch viele Leute. Die, entweder zu viel Geld oder Langeweile oder auch, viel wahrscheinlicher, beides haben. „Experten“! Die keiner braucht. Mac versucht eine Welt zu beschreiben, wie sie hätte sein können oder auch war, und hier muss man kein „Experte“ sein, nur ein interessierter Leser. Der Mann versteht sein Handwerk. Hundert- plus mehrprozentig. Mac P. Lorne lädt zu einer Reise ein, die sich wirklich jeder leisten kann, in eine Welt, die wir ja sonst nur Hörensagen kennen. Was, vermutlich, auch besser ist, da diese Zeit davon geprägt war, Menschenrechte doch eher beiseite zu lassen, man das Wort noch nicht einmal kannte. Bevor Mac den Helden vom Sherwood jedoch zum Leben erweckt, gibt es erst mal Opa. Robert Fitzooth, der Ältere, ist ein Soldat in der Leibgarde von Mathilda, der Tochter vom ersten königlichen Henry von England, die der Monarch gewinnbringend und politisch vorausschauend, mit acht royalen Lenzen im Rucksack, an Heinrich V., den römisch-deutschen Kaiser verheiraten will, dessen Vater noch den Gang nach Canossa kultiviert hatte. Vorher muss das königliche Kind jedoch noch das werte Hinterteil, genauer gesagt die rechte Hand, ihres Lieblingssoldaten retten, der ihr Spielzeuge schnitzt, mit dem sie auch noch rumalbern und das sein kann, was sie ja noch ist, ein Kind. Dessen Vorgesetzter jedoch mal gedacht hat, mit Willkür und verdrehten Anschuldigungen, sich eines Widersachers entledigen zu können. Henry I. hält Gericht. Robert soll die rechte Hand abgehackt werden und hier mischt sich das königliche Kind, ziemlich spektakulär, ein. Robert behält nicht nur seine Hand, sein Gegenpart ist auch erledigt. Aber man sieht sich immer zweimal im Leben. Das Thema ist also noch nicht abgegessen. Mac P. Lorne hält sich die Option offen. Jetzt wird Mathilda nach Deutschland verschachert. Pardon! Verheiratet. Und Robert, mittlerweile zum Hauptmann der Leibwache, neudeutsch oder amerikanisiert, kann man halten wie der Bäcker, der Security, befördert, soll Mathildas Weg durch Fremde sicher gestalten, dafür sorgen, dass das königliche Kind, dessen Wutanfälle heute noch sprichwörtlich sind, in keinem Falle Schaden nimmt. Und er macht seine Sache gut. Für das königliche Kind. Für ihn selbst heißt das, ein Leidensweg. Er hat hier zwar sogar Höhen. Lernt Hildegard von Bingen kennen, eine Frau, die mit mittelalterlichen Vorurteilen, aber so richtig, aufgeräumt hat, auch wenn das damals noch nicht wirklich, zeitnah, nachhaltig war und Martha, seine zukünftige Frau, auch wenn ihr Weg recht steinig sein wird. Mit ihr zeugt seinen Sohn Hugh, den Vater von Robert Fitzooth, dem Jüngeren, Robin Hood. Sein „selbstloser“ Einsatz, der ihm so manche Behinderung einbringen wird, endet in einem kleinen Ziel, das königlich-zinslose Lehen von Loxley, mit ihm als Yeoman. Und so kann Robin zu einem ziemlich unruhigen Teenager heranwachsen. Opa ist eine Legende, Vater eher bodenständig. Da kann man sich ja ausrechnen, an wessen Lippen der kleine Racker hängt und wenn Oma, nach Mutters Tod, auch noch wohlwollend, so manche Schmakazie einem in den Gaumen schiebt, dann könnte man davon ausgehen, dass Robin Hood zumindest, teilweise, eine unbeschwerte Kindheit hatte. In dieser Zeit eher ein Novum. Was dann, jedoch, einen abrupten Wechsel unterworfen wurde. Als die königliche Familie mal wieder untereinander Krieg führen möchte und Recht und Gesetz, in ausufernder Form, selbstverständlich nur für die unteren Klassen relevant, mit allen Füßen getreten werden, die man hat. Opa stirbt, Papa wird ermordet. Der High-Sheriff von Nottingham, Robert de Lacy, eröffnet seine Diktatur des Grauens. Der König ist weit weg und, außerdem, enorm beschäftigt. Von Richard Löwenherz, den man mit dieser Geschichte gerne positiv in Verbindung bringt, prangt derzeit nur ein Loch am Horizont. So müssen sich die „Merry Men“, mit Robin Hood als furchtlosen Anführer, im Sherwood Forest einnisten, ihrem Leben eine neue Richtung geben. Und Mac P. Lorne lässt sich nicht lumpen, er packt seine Klamotten und reist mit. Spaß will ja wohl jeder haben. Und so nette Spielkameraden, wie Bruder Tuck, Little John und Marian Leaford, mit ihrem Vater Richard an der Seite, der einen ganz persönlichen Auftritt bekommt, weil er seinem Schwiegersohn in spe den Arsch retten muss, bekommt man nicht jeden Tag. Bogenschiessen und Schwertkampf unterscheiden sich doch erheblich. Während Robin in der ersten Disziplin die olympischen Goldmedaillen abräumen würde, gerade weil sein Schwiegervater, in spe, ihm die Waffe in die Hand gab, die später englische Geschichte schreiben wird, eben den Langbogen, hat er vom Schwertkampf genauso viel Ahnung, wie ein Kaninchen von der Löwenjagd. Obwohl viele Geschichten über den Kapuzenmann aus dem nordenglischen Wald im Umlauf sind und Mac auch das Rad nicht neu erfindet, so ist doch sein Buch ein besonderer Höhepunkt. Da hatten, wahrscheinlich, die frische Waldluft, fern der industriellen Umweltverschmutzung, und die gesunde Ernährung einen großen Anteil dran. Und der Spaß, den die „Merry Men“ mit Herrn Lorne gerne geteilt haben werden. Sie hatten zwar einen Barden in ihren Reihen, waren aber so vorausschauend, Mac mitzunehmen. Die damalige Dokumentation war doch eher lückenhaft, weswegen sich heute „Experten“ gerne streiten möchten. Im Gegensatz zu solchen Gestalten weiß Mac P. was er erzählen möchte und das hat er, mit Bravour, hinbekommen.
(Knaur)

ISBN 978-3-426-52147-2 716 Seiten (PLUS) 10,99€ (D) 11,30€ (A)

MAC P. LORNE – Der Pirat – Archiv Aug. 2016