BUCHCOVERREZENSION
Etzold.v TraenenBringer

VEIT ETZOLD –

Tränen-Bringer

Herr Etzold hatte eine Idee. Einen fünften Fall für Clara Vidalis. Und hier lässt er auch nichts anbrennen. Deutschlands Thriller-Autoren haben, vermutlich, einen geheimen Wettbewerb. Wer gräbt den übelsten Seuchenvogel aus den Sedimenten unseres Heimatlandes. Mit dem Exemplar, das Veit anzubieten hat, kann er sich auch ganz weit vorne einreihen. Der Tränen-Bringer ist einer der ganz üblen Sorte. Der Typ ist völlig durchgeknallt. Veit Etzold kann hier auf Erfahrungen zurückgreifen, Frau Saskia arbeitet ja hautnah an solchen Fällen. Erstaunlich ist jedoch, wie alle Autoren, die solche Themen aufgreifen es versuchen, dem Leser nahe zu bringen, und dabei anklagen, dass es solche Verbrechen gibt. Gerade im Bereich, Gewalt gegen Frauen. Wo die Tages- und Klatschpressen den Vogel Strauß machen wollen und Themen wie, wer hat, oder könnte mit wem, ja interessanter sein sollten, für „Anschlusssuchende“ in jedem Fall, den Vorrang geben. Und die Politiker sich die Sonne auf den Bauch scheinen lassen, wo sie eigentlich gefordert sind, hier ein gutes Maß an Sicherheit zu gewährleisten. Wofür sie, eigentlich und aus steuerlich eingezogenem Geld bezahlt werden und auch darauf schwören müssen. Die Würde eines jeden Menschen ist unantastbar. Die, genau, DIE Aussage des Deutschen Grundgesetzes. Eine Aussage, die jeder Dreckspolitiker ignorieren wird. Weil er oder sie, etwas anderes im Sinne haben. Nennt man auch persönliche Bereicherung, da diese Gestalten zwar ihr Geld kassieren, aber für die wirklichen Probleme in diesem Land kein Verständnis haben werden, sondern immer wieder Entschuldigungen suchen werden, sich nicht um die Menschen zu kümmern, um die sich eigentlich Gedanken machen müssten. Im Gegenteil noch, teilweise, an solchen oder auch anderen dubiosen „Geschäften“ beteiligt sind. Siehe das Schwarzbuch des Bundes der Steuerzahler. Der Tränen-Bringer hat eine Bilderbuchkarriere als Serienmörder hingelegt, angefangen vom Töten von wehrlosen Kleintieren, über den Mordwunsch an seiner Mutter, bis hin zu einem Kahlschlag unter der weiblichen Bevölkerung, bei der er zwei Ziele verfolgt und auch zwei Spuren legt. Junge Mädchen, deren Eltern er amputierte Körperteile schickt und Prostituierte, deren Körper er, seinem Plan gemäß, drapiert. Er ist unscheinbar, fast unsichtbar. Hochintelligent und getrieben von einem Hass auf die Welt, den man nicht mehr nachvollziehen kann. Aber eben auch ein Mensch, der, gerade von Frauen, ignoriert wird. Statt sich im Umgang kommunikativer Kontakte zu üben, will er seiner Umwelt seine Sicht der Dinge aufzwingen und sagt, Ihr könnt mich alle und Ihr bekommt mich sowieso nicht. Clara Vidalis wird von Veit in ein Szenario hineingezogen, neben dem sich die Hölle des Dante als ein Kinderspielplatz darstellt. Sie kommt dem Täter nahe, zu nah. Veit Etzold stellt noch eine These in den Raum. „Würde man alle Menschen, die auf der Bestattung eines Mordopfers sind, prophylaktisch festnehmen und verhören, hätte man meist auch den Killer“. Eine Aussage, die einschlägt, wie eine Bombe, einen gewissen Wahrheitsgehalt ins sich birgt, aber, im Rahmen der bürgerlichen Demokratie nicht durchführbar sein wird. Mal abgesehen davon, dass man hier Ressourcen zur Verfügung stellen müsste, wo man ja kategorisch sparen will, erinnert man sich plötzlich an das Grundgesetz und der Thesengeber wird mit Reichsführer SS, Heinrich Himmler, verglichen. Herr Etzold hat nicht nur einen spannenden Thriller hingelegt, sondern auch eine Anklage, gegen eine Gesellschaft, die sich nicht in der Lage sieht oder sehen will, solche Gestalten, wie den Tränen-Bringer konsequent in die Schranken zu weisen, aus welchen Gründen auch immer.
(Knaur)

ISBN 978-3-426-52069-7 472 Seiten 10,99€ (D) 11,30€ (A)