| BUCHCOVER | REZENSION |
|---|---|
 |
ARNALDUR INDRIÐASON –AbgründeKommissar Erlendur ermittelt, wie angekündigt, in seinem zehnten Fall? Weit gefehlt. Herr Erlendur macht Pause von der isländischen Kriminalität und verzieht sich in Richtung unbekannt. Auch Kriminalbeamte müssen mal Abstand gewinnen. Oder er versucht zu pokern, dass sein Schreibtischvater ihm mehr Taschengeld gibt. Wer weiß? Jedenfalls taucht er nicht auf und Gründe dafür, benennt er nicht. Da auch in Island die Kriminalität nicht schläft und jede Seele gebraucht wird, hier aufzuklären, hinterlässt er natürlich eine Lücke, in die Sigurður Óli jetzt springen soll, nur ahnt der Polizist noch nichts von seinem „Glück“. Erst mal muss er Muttern einen Gefallen tun und einen Zeitungsklau aufklären und so observiert er, selbstverständlich in seiner Freizeit, nicht auf Kosten der isländischen Steuerzahler, einen Briefkasten. Sonderlich glücklich ist er damit nicht und auch seine Aufklärungsrate hält sich hier in ganz engen Grenzen. So kommt ihm ein Gesprächsangebot seines Freundes Patrekur ganz recht, dessen Schwager und Schwägerin, die mittlerweile in der Politik ein bisschen mitreden möchte, erpresst werden, da sie sexuell, sagen wir mal, etwas ausufernd unterwegs waren. Eigentlich müsste hier die Frage stehen, wen interessiert das wirklich? In diesem Fall jedoch ist es besser, dass sich Sigurður sofort auf die Socken macht, und bei der Erpresserin klingelt. Nur war dort schon jemand vor ihm da, der nicht nur reden wollte. Sigurlína hat schwere Kopfverletzungen von einem Baseballschläger. Amerikas Nationalsport, der eigentlich einen ganz anderen Hintergrund hat, lässt grüßen. Und Herr Óli wird, nach dem Auffinden der hilflosen Person, auch gleich angegriffen, mit dem gleichen Tatwerkzeug. Der Täter kann jedoch, trotz sofortiger Gegenmaßnahmen, unerkannt entkommen. Lína stirbt im Krankenhaus an ihren Verletzungen. Obwohl Óli durchaus als befangen eingestuft werden sollte, will er weiterermitteln. Hier hätte Kommissar Erlendur eine glasklare Entscheidung gefällt und den Mann aus dem Ermittlungsprogramm genommen. Nur hat er sich ja gerade eine Auszeit genommen und lässt den lieben Gott einen guten Mann sein, und Arnaldur Indriđason und Sigurður im Regen stehen. So „harmlos“ dieses Buch beginnt, es wird zu einer Lawine ohnegleichen. Hier zeigt sich, dass auch Romanfiguren zurückschlagen können, wenn sie der Meinung sind, dass ihr geistiger Urheber nicht wirklich zu einer bilateralen Zusammenarbeit bereit ist. Island im Jahre 2005, die „Expansionswikinger“ sind auf dem Kriegspfad, Europa und den Rest der Welt zu erobern und die Geldblase, die in den Apfelkuchen der europäischen und internationalen Wirtschaft hineingeblasen wird, droht zu platzen. Alle möglichen Investmentabenteurer sind auf der Spur. Ich und alle Gesetzeslücken ausnutzen. Was mir die Politik gibt. Diese Auswirkungen spüren wir noch heute, nur welches Expertenteam gibt uns darüber Auskunft? Banken-, industrie- und politikernahe Kreise werden hier kaum Stellung beziehen. Wozu auch? Wir sind ja nur Abschaum für solche skrupellosen Geschäftemacher, die Gelder, zum Beispiel aus Kinderpornografie stammend, waschen wollen. Um damit richtig Knatter zu machen. Und Island, mit neuen Erobern unterwegs, der Dot-Kom- und Luftblasenwelt im Geldverkehr mal den Marsch zu blasen, kommt da gerade recht, die Geldwäsche in eine neue Dimensionen zu einzuordnen. Arnaldur Indriđason macht das jedoch anstandslos, Stellung zu beziehen. Hut Ab! Und Sigurður Óli hat jetzt Hände voll zu tun, seinem Vorbild gerecht zu werden. „Abgründe“, besser kann man dieses Buch nicht betiteln. Das sind Abgründe und ein Grund mehr, nicht wählen zu gehen. Wozu? Um solchen Arschgeigen eine Bühne zu geben? Die unsere Kinder missbrauchen und gebrochene Seelen zurücklassen? Kommissar Erlendur macht zwar gerade Urlaub, aber das Teil ist auf seinem Mist gewachsen. Und Arnaldur Indriđason wird sich auch nicht wehren. ISBN 978-3-404-16834-7 429 Seiten 9,99 € (D) 9,99 € (A) |
