BUCHCOVERREZENSION
Leibrock.f Schattenrot

FELIX LEIBROCK –

Schattenrot

Herr Leibrock mag es farbenfroh. Nach „Todesblau“ und „Eisesgrün“ hat man jetzt das dritte Buch unter dem Arm, „Schattenrot“. Da könnte der Arm, langsam, aber sicher, etwas kurz werden. Wenn man kein Bücherregal hat, oder einen Rucksack. Auch die Amis werden nicht verschont, der erstgenannte Titel ist, laut Felix, schon mal über den Atlantik geflogen. Genau, der mit der Parkbank auf dem Cover. Nur, die Botin, des Buches in die Neue Welt, wird jetzt in Weimar vermisst. Anna Kellermann, sanfte siebzehn Jahre, kommt nicht mehr nach Hause. Ein Alptraum für alle. Mandy Hoppe und Sascha Woltmann haben, ein? , weit gefehlt, viele Probleme. Was sich, zunächst, als ein Vermisstenfall tarnt, läuft zu einer Hochform auf, die jedem Polizisten schlaflose Nächte und endlose Sitzungen bei einem Psychiater bescheren wird. Da hat er ja gleich den richtigen Ansprechpartner, Felix Leibrock ist Polizeiseelsorger bei der Bayrischen Bereitschaftspolizei. Ob der Autor sich dann als hilfreich erweist, nachdem er diesen Roman verfasst hat, dürfte jedoch nur im Laufe der Sterne zu suchen sein. Anna hatte so einige Interessen, am Naturschutz, und an Wölfen. Einer Spezies, die familiärer ist als der Gipfel der Schöpfung. Was Gott sich dabei gedacht hat, unsere Exemplare auf dieser Welt auszusetzen, wird wohl auf ewig sein Geheimnis bleiben. Ganz so sinnlos könnte es vieleicht nicht gewesen sein. Die Känguru-Metaller „Advent Sorrow“ mit ihrem Video „Pestilence Shall Come“ dürften auf Annas Computer zu finden gewesen sein, wenn sich dort Wölfe und Füchse, Waschbären und, viele andere Tiere, und, vermutlich auch, die Pflanzen fragen, Mensch, was machst Du hier eigentlich mit unserem Lebensraum? Es gab mal Zeiten, wo Metal-Musiker sich eine Zugehörigkeit zum Leben verweigerten. Mit dieser Band aus Australien und auch „Necromoph“, aus Berlin stammend, dürfte diesem Zustand wohl ein Ende gesetzt worden sein. Und Felix würzt das mit so einigen Passagen aus unserer näheren Geschichte, sprich der Zeit am Vorabend der Naziherrschaft und dem Morgen danach, der für so viele Menschen nur Verzweiflung, Tod und/oder sinnlose Vergeltung an Schuldigen und Unschuldigen brachte, da der Sieger allein die Geschichte schreibt und sich seine Schergen an keine Gesetze halten werden. Wenn einer hier human bleiben wollte, Nikolai Bersarin, erster Stadtkommandant von Berlin, ist wohl einer der prominentesten Generäle der Roten Armee, die ein solches Schicksal hatten, könnte sich dessen Lebenserwartung drastisch minimieren. Alle weiteren Opfer dieses Terrors hat man, obendrein, vergessen. Weimar, schicksalsträchtig, kann hier mit so manchen Beispielen dienen, die wir heute gerne verdrängen wollen. Genauer hinsehen? Zum Ettersberg? Wozu? Wir haben jetzt deutsche Einheit, nicht wirklich Krieg in Europa, scheiß auf Jugoslawien, und Mauertote. Was immer dabei, sehr gerne und unverhohlen, vergessen wird, der erste Tote, das erste Opfer an der Berliner Mauer? Vergessen! Der Jugoslawien-Krieg genau vor unserer Haustürschwelle? Vergessen! Googelt es doch mal. Opfer werden nur dann aktiviert, wenn man sie braucht. Missbraucht! Weil die Geschichtsschreiber sich unsere Vergangenheit, wie sie heute nicht mehr publiziert wird, zurechtbiegen wollen. Anna hatte hier eine neugierige Nase und auch Zivilcourage. Herr Leibrock hat viele Informationen im Gepäck, also schmeißt die „Bild“ in den Mülleimer und macht die Glotze aus. Klemmt euch das rote Buch unter den Arm, neben dem blauen und grünen. Wenn er zu kurz wird, der Arm, nimmt den Eures Nachbarn noch mit. Oder kauft Euch einen Kulturbeutel. Felix hat doch so manche Überraschung parat. Sollte man sich nicht entgehen lassen.
(Knaur)

ISBN 978-3-426-52051-2 311 Seiten 9,99€ (D) 10,30€(A)

FELIX LEIBROCK – Todesblau – Archiv April 2015
FELIX LEIBROCK – Eisesgrün – Archiv Juni 2016 TIPP
HARALD GILBERS – Endzeit – Archiv Juni 2017